Baubeschreibung Neuried

1. Einleitung

Anfang 2007 entschlossen meine Frau und ich uns zum Kauf einer Doppelhaushälfte in Neuried von einem Bauträger. Das Haus wurde in Ziegelbauweise mit Vollwärmeschutz gebaut und mit einem modernen Edelstahl-Pultdach ausgestattet. Beim Kauf stand die Doppelhaushälfte bereits im Rohbau.

Im Rahmen der Möglichkeiten, die man beim Erwerb eines fertig geplanten Hauses hat, haben wir uns energietechnisch für eine Kombination aus Gas-Brennwerttherme und thermischer Solaranlage entschieden. Sowohl die Gas-Brennwerttherme als auch die Solaranlage werden von einer freiprogrammierbaren Steuerung überwacht, die es außerdem ermöglicht sämtliche Daten der Anlage über Internet abzufragen.

Passend zu der Kombination aus Brennwerttherme und Solaranlage haben wir in das komplette Haus bis auf zwei Kellerräume eine Fußbodenheizung einbauen lassen. Die hierfür nötigen niedrigen Vorlauftemperaturen sind von der Solaranlage im Winter leichter zu erreichen als die höheren Vorlauftemperaturen bei gewöhnlichen Radiatoren.

Das besondere bei der gesamten Solar- und Heizungsanlage ist die Visualisierung und Überwachung über die von mir eingerichtete und programmierte Webseite www.solarvista.de. Dort kann man sich über den aktuellen Zustand der Anlage auf einen Blick informieren. Außerdem gibt es Grafiken und Statistiken über die gesamte Anlagen-Historie seit Inbetriebnahme. Die Zugriffszahlen auf die Web-Site zeigen, dass diese Informationen nicht nur für den Betreiber von großem Interesse sind. Die meisten Aufrufe kommen von Interessenten, die mit dem Gedanken spielen sich selbst eine Solaranlage zu installieren und anderen Anlagenbetreibern, die einfach die Werte vergleichen wollen.

2. Objektbeschreibung

Bei dem Objekt handelt es sich um eine Doppelhaushälfte in Neuried bei München. Das Haus hat 143,3 m2 Wohnfläche (ohne Terrassen gerechnet!) und 55,6 m2 Kellerfläche. Standardmäßig sah der Bauträger Radiatoren als Heizkörper für das Haus vor.

Doppelhaushälfte Südseite mit aufgeständerten Kollektoren Abbildung 1: Doppelhaushälfte Südseite mit aufgeständerten Kollektoren

Auf Sonderwunsch und gegen Aufpreis ließen wir das Haus komplett mit Fußbodenheizung ausstatten. Beheizt werden die komplette Wohnfläche mit 143,3 m2 und 29,4 m2 der Kellerfläche (Diele und Hobbyraum). Die beiden einzigen Räume ohne Fußbodenheizung sind der Heizkeller und der Vorratskeller (Getränke, Lebensmittel etc.).

Die Außenwände bestehen aus 17,5 cm dickem Mauerwerk und mindestens 10 cm Wärmedämmung (meistens 12 cm) entsprechend Wärmeschutznachweis gemäß EnEV 2004. Das Wärmedämm-Verbundsystem ist auf der gesamten Außenfläche aufgebracht.

Die für ein gut isoliertes Haus wichtigen Fenster haben eine U-Wert von 1,2 W/m2K  (1,1 W/m2K Verglasung und 1,4 W/m2K Rahmen) und sind guter Durchschnitt.

Erwähnenswert ist noch das Edelstahlpultdach, das mit seiner 20 cm dicken Betonschicht und der 20 cm dicken Dämmschicht, dafür sorgt, dass weder im Winter Wärme über das Dach entweichen kann noch im Sommer sich das Dachgeschoss aufheizt.

Die thermische Solaranlage haben wir durch den Bauträger nur vorbereiten lassen und nach der Übergabe in Eigenregie eingebaut. Vom Bauträger ließen wir vom Keller bis zum Dach ein entsprechend gedämmtes Vor- und Rücklaufrohr einbauen, sowie die nötigen elektrischen Kabel für die Sensoren. Nur während der Bauphase ist es möglich diese Rohre und Leitungen sinnvoll in den Versorgungsschächten unterzubringen.

Doppelhaushälfte Nordseite mit aufgeständerten Kollektoren Abbildung 2: Doppelhaushälfte Nordseite mit aufgeständerten Kollektoren

Das Haus entspricht im Wesentlichen dem ‚Bauträgerstandard’. Unser Ziel war es mit relativ wenig Aufwand das Haus energietechnisch auf modernsten für uns machbaren Stand zu bringen. Eine größere Umplanung des Hauses zur Erfüllung des KfW-60-Standards wäre wirtschaftlich nicht zu vertreten gewesen. Der Bauträger hätte bei jeder größeren Änderung neu planen müssen und sich das entsprechend bezahlen lassen.

3. Solaranlage

Der Einbau der Solaranlage erfolgte nach der Übergabe des Hauses in Eigenregie Ende 2007. Dies ermöglichte uns die Anlage optimal aufzustellen und zu installieren. Außerdem entfielen durch den Selbstbau der Anlage weitere Abstimmungsrunden mit dem Bauträger, da wir schon klare Vorstellungen von der Anlage hatten.

3.1 Kollektoren

Wir entschieden uns für ein Solarpaket aus einem 700 Liter Kombispeicher und 4 Flachkollektoren mit 10 m2 Kollektorfläche. Dieses stellt für unseren vier Personen Haushalt ein optimales Verhältnis aus Effizienz und Anschaffungskosten dar. Als Steuerung wird eine Universalregelung eingesetzt, die im Gegensatz zu der Standard-Steuerung des Anlagenherstellers viel mehr Möglichkeiten bietet und außerdem frei programmierbar ist.

Die Kollektoren wurden mit Hilfe von Aluprofilen auf dem Edelstahl-Pultdach genau in Richtung Süden aufgeständert. Dazu wurden bauseitig die Dachsparren mit je einem weiteren Winkel zusätzlich auf der Betondecke befestigt und die Edelstahleindeckung mit deutlich mehr Haften als vorgeschrieben auf die darunterliegende Holzeindeckung genagelt. Die Aluprofile wiederum wurden mit ca. 40 Stehfalzklemmen auf die Dachhaut geklemmt. Mit dieser Befestigungsart wurden Durchbohrungen der Dachhaut für eventuelle Befestigungsschrauben vermieden, da hier immer die Gefahr besteht die Löcher nie wieder dicht zu bringen.

Oberes Kollektorfeld mit Aluprofilen Abbildung 3: Oberes Kollektorfeld mit Aluprofilen

Als Neigung der Kollektoren wurden 50° gewählt, denn damit können in der Übergangszeit (September - November und Februar - April), wenn also normalerweise noch geheizt wird, die höchsten Erträge erzielt werden. Die Sonne scheint dann mehr oder weniger senkrecht auf die Kollektoren [SD] und liefert einen optimalen Ertrag. In den Monaten Dezember und Januar, wenn die Sonne relativ flach am Horizont steht, sind die Erträge eher gering, so dass ein günstigerer Aufstellwinkel nicht wesentlich effizienter wäre. In den Sommermonaten hingegen liefern Solaranlagen meist Überschüsse, so dass der Warmwasserbedarf bestens gedeckt ist.

Die Windlasten sind bei aufgeständerten Kollektoren nicht unerheblich. Dass unsere Konstruktion höchsten Belastungen stand hält, hat der Orkan Kyrill [KY] bewiesen, der zwei Monate nach Installation der Anlage über halb Europa wütete und vielerorts zu erheblichen Sachschäden geführt hat.

3.2 Pufferspeicher

Der ursprüngliche Plan des Hauses sah im Dachgeschoss den Heizraum vor. Vermutlich war das für den Bauträger die günstigste Lösung, da damit das Abgasrohr auf das Dach minimal kurz blieb.

Der 700 Liter TERMO-Kombispeicher hat einen hohen Platzbedarf und in gefülltem Zustand ein erhebliches Gewicht. Deswegen ließen wir vom Bauträger den Heizraum traditionell im Keller einrichten. Dies geschah natürlich gegen Aufpreis für die Abgasrohrverlängerung. Mit dem ‚Umzug’ in den Keller gewannen wir auch ein Stück Sicherheit, denn sollte es zu einer Katastrophe kommen und der Speicher auslaufen, dann besser im Keller als im Dachgeschoss.

Kombipufferspeicher mit Solarpumpe rechts Abbildung 4: Kombipufferspeicher mit Solarpumpe rechts

Damit es bei der Übergabe des Hauses eine funktionierende Heizung und entsprechend eine Gewährleistung darauf gab, wurde der Kombispeicher von der Installationsfirma des Bauträgers beschafft und angeschlossen (Schnittstelle).

Der Anschluss der vorbereiteten Solarrohre (Dach-Keller) und der Temperaturfühler geschah dann nach der Übergabe in Eigenregie.

3.3 Wasserenthärter

Die maximale Speichertemperatur musste bei Inbetriebnahme der Anlage auf 60° C begrenzt werden, um Kalkablagerungen im Speicher und den Wasserrohren zu vermeiden. Um den Solarertrag bei starkem Sonnenschein nicht unnötig zu begrenzen, haben wir einen Wasserenthärter am Hausanschluss eingebaut. Damit konnte die Wasserhärte von vorher 16 dH auf 8 dH gesenkt werden und die maximale Speichertemperatur auf 95° C angehoben werden.  

Die höheren Speichertemperaturen können nun im Sommer zur Überbrückung von mehr sonnenlosen Tagen als vorher genutzt werden. Somit wird die Gas-Brennwerttherme im Sommer so gut wie gar nicht mehr benötigt, kein Gas verbraucht und Energie gespart. Durch den Wasserenthärter lassen sich 28 kWh Energie zusätzlich speichern.

Als positiver Nebeneffekt ist es mit dem Wasserenthärter außerdem gelungen das gute Münchner Leitungswasser weiter aufzuwerten. Das weiche Wasser schmeckt besser, Duschen und Haarwaschen sind angenehmer und die Küchengeräte verkalken nicht mehr. Zusätzlich wird im Laufe der Zeit viel Waschmittel und Kalkentferner gespart.

Wasserenthärter AQA perla Abbildung 5: Wasserenthärter AQA perla

4. Heizung

4.1 Gas-Brennwerttherme

Die Auswahl der Gas-Brennwerttherme wollten wir nicht dem Zufall überlassen und ließen vom Bauträger ein Model mit drehzahlgeregelter Pumpe einbauen. Das ausgewählte Gerät arbeitet mit einem Hochleistungswärmetauscher und kann die Leistung je nach Anforderung zwischen 4,3 bis 14,7 kW modulieren. Das Gerät arbeitet somit auch bei geringer Wärmeanforderung mit einem hohen Wirkungsgrad und einem geringem Gasverbrauch.

Gas-Brennwerttherme Abbildung 6: Gas-Brennwerttherme

Die Heizungsfirma hätte mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Brennwerttherme aus den Modellen mit 25 kW ausgewählt, denn damit wird das Haus immer warm. Das bedeutet zwar Sicherheit für die Heizungsfirma, um Gewährleistungsansprüche im Falle einer möglichen Unterdimensionierung des Wärmeerzeugers von vornherein zu vermeiden, aber für uns einen höheren Energieverbrauch.

Der größte Vorteil bei der von uns gewählten Gas-Brennwerttherme ist jedoch der, dass eine Leistungsregelung direkt durch die programmierbare Solarregelung erfolgen kann. Somit ist gewährleistet, dass die Regelung der Solaranlage und der Gas-Brennwerttherme aufeinander abgestimmt erfolgt. Viele am Markt erhältlich Geräte bieten diese Kombinationsmöglichkeit nicht, sondern verwenden entweder nur einfache Anschaltsperren, oder es müssen teure, herstellerspezifische Erweiterung verwendet werden, die den bei unserer Anlage geforderten Leistungsumfang nicht hätten bereit stellen können.

4.2 Fußbodenheizung

Die Kombination einer heizungsunterstützenden Solaranlage mit einer Fußbodenheizung stellt einen Idealzustand dar.  Eine Fußbodenheizung kommt mit geringerer Vorlauftemperatur (25°-30° C) aus als übliche Heizkörper (55°-60° C), ist der Betrieb energetisch deutlich vorteilhafter. Weil eine Solaranlage bei niedrigen Betriebstemperaturen einen deutlich höheren Wirkungsgrad aufweist, lässt sich diese optimal mit einer Fußbodenheizung kombinieren [LX]. Aus diesem Grund entschlossen wir uns für einen Upgrade der standardmäßigen Radiatoren auf eine Fußbodenheizung.

Ein positiver Nebeneffekt ist die Vermeidung von Staubumwirbelungen, da eine Fußbodenheizung eine Flächenheizung ist. Außerdem wird die flächenmäßig abgestrahlte Wärme als angenehmer empfunden, als wenn diese von wenigen Orten an der Wand (Radiatoren) kommt.

Es wurde das komplette Haus mit etwa 1400 m Rohrsystem im Estrich ausgestattet. In größeren Räumen gibt es bis zu drei einzelne Heizkreise, damit die maximale Rohrlänge einen Grenzwert nicht überschreitet und noch über die ganze Länge Temperatur abgeben kann. Ausgenommen wurden nur der Heizkeller und der Vorratskeller, die nie beheizt werden müssen.

In jedem beheiztem Raum gibt es ein Thermostat mit sechs Stufen. Da die Fußbodenheizung jedoch relativ träge auf die Thermostate reagiert, werden diese von uns nur als Ein-/Ausschalter benutzt. Zudem wird eine Überheizung des Raumes bei eventueller Sonneneinstrahlung effektiv verhindert. Viel wichtiger war uns die Heizung von vornherein vernünftig einzustellen. Damit können wir auf eine individuelle Regelung einzelner Räume verzichten.

4.3 Hydraulischer Abgleich

Für das optimale Funktionieren der Fußbodenheizung ist ein hydraulischer Abgleich nötig. Jedem Heizkreis muss die zur notwendigen Wärmeabgabe erforderliche Heizwassermenge bereitgestellt werden. Ein großer Raum braucht logischerweise mehr und ein kleiner Raum weniger Heizwassermenge. Auch die Art der Bodenbeläge spielt eine große Rolle. So muss z.B. aufgrund der besseren Wärmeleitfähigkeit von Fliesen die Wärmeabgabe der Heizfläche anders angepasst werden, als wenn der Raum mit einem Holzboden ausgestattet ist.

Der Abgleich der Heizung durch die Heizungsfirma reduzierte sich darauf die Taco-Ventile der einzelnen Heizkreise im Heizkreisverteiler in Mittelstellung zu bringen. Das führte dazu, dass das Badezimmer mit den gut wärmeleitenden Fliesen viel zu warm wurde und der Wohnzimmerboden eine Oberflächentemperatur von nur 20° C erreichte. Mit 20° C Oberflächentemperatur wird natürlich nie die gewünschte Raumtemperatur von 21° C erreicht.

Auf mehrfache Nachfrage bei der Heizungsfirma wurde zwar nachgebessert, allerdings auf Basis einer fehlerhaften Berechnung. Aus diesem Grunde führten wir den hydraulischen Abgleich der Heizung selbst durch. Dazu erstellten wir eine Tabelle mit allen Heizkreisen, der aktuellen Taco-Ventil Stellung, der Oberflächentemperatur des Bodens in dem jeweiligen Raum und der Raumtemperatur selbst. Um die Temperaturen anzuheben bzw. zu senken, wurde an den Ventilen entsprechend auf- oder zugedreht und die neue Stellung notiert. Ein halbe bis dreiviertel Stunde später, wenn sich die neuen Temperaturen in den Räumen eingestellt haben, wurden diese wiederum gemessen, notiert und das Spiel begann von Neuem. Am Ende des Tages war das Ziel erreicht und jeder Raum erreichte 21° C Raumtemperatur bei nur mittlerer Stufe der Heizungspumpe.

Als zusätzlicher Nebeneffekt des Abgleichs haben wir keine Fließgeräusche mehr in Räumen, die überversorgt wurden und der Stromverbrauch der Heizungspumpe konnte durch den Betrieb bei mittlere Stufe reduziert werden.

4.4 Bodenbelag

Für die optimale Wärmeleitung und Wärmeabgabe ist die Auswahl des Bodens von großer Bedeutung. Ideal sind natürlich Fliesen aufgrund ihres geringen Wärmedurchlasswiderstandes, wie diese im Badezimmer, Gäste-WC und Hobby-Keller verlegt sind.

Da aber Fliesen im ganzen Haus nicht besonders wohnlich sind, haben wir uns in den anderen Räumen für einen Furnierboden entschieden. Dabei sind ca. 0,6 mm Echtholzfurnier auf eine HDF-Trägerschicht (High Density Fiberboard) aufgebracht. Die Panelen sind nur 8,5 mm dick und haben für einen Holzboden einen sehr geringen Wärmedurchlasswiderstand von nur 0,064 m2 K/W.

Damit haben wir einerseits einen Bodenbelag, der aufgrund der Echtholzschicht sich optisch von Parkett nicht unterscheidet, andrerseits aber die Wärme der Fußbodenheizung nur mit geringen Verlusten an die Räume weitergibt.

5. Steuerung

Das Herzstück der gesamten Solar-Heizungs-Anlage ist die freiprogrammierbare Steuerung (Abbildung 7 in der Mitte oben). Diese Universalsteuerung bietet 16 Sensoreingänge für z.B. Temperaturfühler, Durchflussmesser oder Strahlungssensoren. Außerdem stehen 11 Ausgänge zur Verfügung zur Ansteuerung z.B. der Solarpumpe, der Heizungspumpe oder der Gas-Brennwerttherme.

 Universalregler und Netzwerktechnik Abbildung 7: Universalregler und Netzwerktechnik

5.1 Programmierung

Der Universalregler verfügt über mehr als 20 Funktionsmodule (z.B. Solarregelung, Heizkreisregler, Wärmemengenzähler, Zirkulation, Logikfunktionen und Vergleiche), die frei miteinander verknüpft werden können. Die Verknüpfung und Parametrisierung der Funktionsmodule wird mittels Software und grafischer Oberfläche durchgeführt. Die so erstellte Konfiguration wird im Anschluss in die Regelung geladen und in Betrieb genommen.

Die Programmierung unserer Steuerung konnte voll auf unsere Anlage und Bedürfnisse abgestimmt und optimiert werden. Mit einer normalen Steuerung „von der Stange“, wäre dies nicht möglich gewesen.

So wurde z.B. die Bereitung von Warmwasser optimiert und auf unseren Warmwasserverbrauch eingestellt. Da wir jeden Tag bis 8 Uhr in der Regel duschen, wird nur bis zu dieser Zeit das Warmwasser auf 50° C aufgeheizt. Den Rest des Tages kann die Warmwassertemperatur bis 35° C fallen ohne das sofort nachgeheizt wird. Das spart Energie. Viele Standardsteuerungen, die nicht auf individuelles Verhalten ausgerichtet werden (können), versuchen den ganzen Tag eine Temperatur von meist 50° C oder sogar 60° C vorzuhalten. Das kostet viel Energie und obendrein kommt es durch die hohe Wassertemperatur zu stärkeren Auskühlungen als bei niedrigeren Temperaturen.

5.2 Ermittlung Solarertrag

Die Steuerung berechnet die momentane Leistung und den erzielten Solarertrag anhand der Temperaturdifferenz von Vor- und Rücklauf der Solarkreises und der Durchflussmenge. Dazu gibt es ein eigenes Funktionsmodul, das entsprechend programmiert wurde. Die Temperaturfühler wurden eigens kalibriert, um die Genauigkeit der Messung zu erhöhen. Die momentane Leistung und der aktuelle Solarertrag können jederzeit abgefragt werden und werden für die Statistik in festen Intervallen automatisch gespeichert.

5.3 Ermittlung Gasverbrauch

Um den Gasverbrauch nicht immer per Hand ablesen zu müssen, wurde ein Reed-Kontakt als Impulszähler an den Gaszähler angebracht. Dabei wird die Gegebenheit ausgenutzt, dass am letzten Zählrädchen des Gaszählers ein kleiner Magnet mitrotiert. Dieser löst nach jeder Umdrehung des Rädchens einen Impuls am Reed-Kontakt aus. Eine Umdrehung entspricht 10 l oder 0,1 kWh Gasverbrauch. Diese Impulse werden vom Universalregler gezählt und gespeichert. Der aktuelle Gasverbrauch und der Tagesgasverbrauch können analog dem Solarertrag gespeichert und jederzeit abgefragt werden.

Gaszähler mit Reed-Kontakt Abbildung 8: Gaszähler mit Reed-Kontakt

5.4 Überwachung und Visualisierung

Als Erweiterung des Universalreglers gibt es ein Netzwerkmodul (Abbildung 7 in der Mitte unten), mit dessen Hilfe sich sämtliche Sensordaten über ein USB- oder LAN-Kabel auf den PC übertragen lassen. Nur wenige andere Steuerungen dürften diese Möglichkeit bieten. Dies war die Vorraussetzung zum Aufbau einer Überwachung und Visualisierung der Live Daten der gesamten Anlage.

Ein eigens für diesen Zweck aufgebauter PC mit energiesparenden Komponenten übernimmt die Verarbeitung der Daten. Der PC auf LINUX Basis läuft rund um die Uhr und ein Script liest automatisch jede Minute sämtlichen Daten und Sensorwerte der Anlage ein und verarbeitet diese.

5.4.1 Nagios

Die auf diese Weise gespeicherten Datensätze dienen Nagios [NA] als Eingabeparameter. Nagios ist eine Open Source Monitoring Software, die vor allem zur Überwachung von ganzen Rechnerlandschaften in großen Firmen z.B. BMW eingesetzt wird, aber auch zur Überwachung einer Solaranlage dienen kann.

In Nagios können Schwellwerte eingestellt werden bei deren Überschreitung Alarme ausgelöst werden. Wenn z.B. die Kollektortemperatur der Anlage 160° C überschreiten sollte, wird mittels einer E-Mail ein Warnhinweis versandt. Hier eröffnen sich noch ungeahnte Möglichkeiten. Mit einem GSM Modul lassen sich sogar SMS auf das Handy verschicken.

Mit dem Zusatzmodul Nagiosgrapher bietet Nagios die Möglichkeit Temperaturwerte und die weiteren Eingabedaten grafisch über die Zeit darzustellen. Die entstehenden Verlaufsgraphiken gibt es in fünf verschiedenen Skalierungen von ‚Aktuell’ (letzte sechs Stunden) bis ‚Jährlich’. Die Grafiken werden bei Aufruf in Echtzeit erzeugt.

5.4.2 Datenbank und Statistiken

Die vom LINUX-PC gelesenen Datensätze werden zusätzlich alle fünf Minuten in eine Datenbank geschrieben. Auf diese Weise erhält man 288 Datensätze täglich und kann daraus auf einfache Art und Weise Statistiken erzeugen. Analog zu den Nagiosgrafiken werden Statistiken für verschiedene Zeitbereiche erstellt (Aktuell, Täglich, Wöchentlich, Monatlich, Jährlich). Solarertragsdaten und Gasverbrauch werden in diesen Zeiträumen kumuliert. Temperatur- oder Einstrahlungswerte werden gemittelt oder als Minimum/Maximum ausgegeben. Damit erhält man auf einen Blick einen sehr guten Eindruck über die erzielten Gewinne der Solaranlage oder auch dem zusätzlichem Gasverbrauch im Winter bei geringem Sonnenschein.

5.4.3 Webseite

Zur Präsentation der Grafiken und der Statistik habe ich eine Webseite aufgebaut, die unter www.solarvista.de zu erreichen ist (Abbildung 9). Zusätzlich bietet die Seite eine umfassende Beschreibung der Anlage und ein Anlagenschema mit Live-Daten.

Solarvista - Internetauftritt Abbildung 9: Solarvista - Internetauftritt

Da sich das Konzept relativ einfach auf weitere Anlagen übertragen lässt, wurden weitere Anlagen auf die Webseite aufgenommen. Alle verwenden den gleichen Universalregler als Steuerung, so dass sich mit ein paar Anpassungen an den vorhandenen Scripten diese über deren DNS Namen über Internet ebenfalls im Minuten Takt abfragen lassen. Die beiden Anlagen werden analog unserer Anlage auf der Webseite präsentiert.

Das besondere an www.solarvista.de ist der hohe Informationswert über die Solaranlagen, deren aktueller Zustand und die entsprechenden Historien. Das ganze optisch ansprechend, aber schlicht und nicht zu überladen aufgebaut. Es gibt viele Seiten im Internet, die entweder nur ein Anlagenschema zeigen, von Hand zusammengebaute Grafiken zeigen, die nicht immer aktuell sind, oder vollkommen überladen sind.

Die Zugriffszahlen zeigen, dass viele Menschen sich dafür interessieren. Sei es, weil Sie selbst eine ähnliche Anlage betreiben und vergleichen wollen. Oder, weil Sie vielleicht sich eine Anlage zulegen wollen und Informationen sammeln. Die Informationen auf www.solarvista.de können dabei Hilfe bieten und ermutigen vielleicht weitere Menschen zum Einstieg in die Solarenergie.

Das positive Feedback und das große Interesse an der Webpage sind Motivation für mich die Seiten immer weiter auszubauen. Eine Möglichkeit wäre z.B. die Seiten so anzupassen, dass diese auch von unterwegs mit dem Mobiltelefon aufgerufen werden können. Es könnten auch jederzeit weitere Anlagen auf die Website genommen werden.

6. Gasverbrauch und Solarertrag

Die wichtigsten Fragen beim Betrieb einer Solaranlage sind, wie hoch die Einsparung an konventionellem Brennstoff ist und wann sich die Anlage amortisiert hat. Da schon kurz nach Bezug des Hauses die Solaranlage in Betrieb ging, fehlen uns leider eigene Vergleichszahlen und können nur auf Berechnungen zurückgreifen.

Der Architekt hat z.B. im Energieeinsparnachweis nach EnEV 2004 für unser Haus einen Jahres-Erdgasverbrauch von 19463 kWh/a errechnet [EE]. Des Weiteren wird der durchschnittliche Gasverbrauch der Deutschen mit 161,8 kWh Gas pro m2 und Jahr angegeben (Quelle: Techem-AG-Studie 2006/2007) [GV].  Bei unserer beheizten Fläche von 143,3 m2 käme man dann sogar auf einen Vergleichswert von 23186 kWh/a. Die beheizte Kellerfläche wurde bei der Berechnung weggelassen, da diese nur selten beheizt wird.

Die Summe aus unserem Gasverbrauch und Solarertrag ergibt einen theoretischen Jahresenergieverbrauch von 13964 kWh für unser Haus (Tabelle 1). Allerdings heizen wir mit der überschüssigen Wärme aus Solarenergie im Sommer oft (sinnlos) Keller und Bäder, damit es zu keiner Stagnation der Anlage kommt. Aus diesem Grunde ist die effektiv genutzte Solarenergie geringer als die durch den Wärmezähler ermittelte und der Jahresenergieverbrauch beträgt schätzungsweise nur 13000 kWh.

 

Datum

Solarertrag in kWh

Gasverbrauch in kWh

Warmwasser

Heizung

Gesamt

Oktober 2007

 

 

 

1805

November 2007

 

 

 

2615

Dezember 2007

 

 

 

2722

Januar 2008

 

 

 

2082

Februar 2008

 

 

 

1205

März 2008

404

170

1077

1247

April 2008

413

245

632

878

Mai 2008

534

32

0

34

Juni 2008

405

24

0

24

Juli 2008

443

0

0

0

August 2008

473

0

0

0

September 2008

359

146

180

326

Oktober 2008

393

169

276

445

November 2008

252

299

1012

1311

Dezember 2008

162

251

1749

2000

Januar 2009

228

294

1949

2243

Februar 2009

208

265

1650

1915

März 2009

270

258

1278

1536

April 2009

606

40

92

132

Mai 2009

403

26

10

36

Juni 2009

223

0

0

0

Jahresergebnis1

4020

1748

8179

9944

Tabelle 1: Gasverbrauch und Solarertrag DHH Neuried

 

Im Bundesdurchschnitt sind sicher auch viel schlechter gedämmte Häuser erfasst, trotzdem zeigen die Zahlen, dass wir mit unserem Jahresenergieverbrauch von etwa 13000 kWh/a deutlich darunter liegen. Außerdem liegen wir auch deutlich unter der Verbrauchsrechnung des Architekten speziell für unser Haus. Die Solaranlage und die intelligente Steuerung der Heizung leisten hier einen wesentlich Beitrag zur Einsparung beim Gasverbrauch.

Unser Jahresenergieverbrauch von etwa 13000 kWh in Relation zur Gebäudenutzfläche von 199 m2 (Wohnraum und Keller) ergibt einen Energiebedarf von 65 kWh pro m2 und Jahr. Damit sind wir mit  unserem Bauträgerstandardhaus nicht weit weg vom zulässigen Energieverbrauch eines KfW 60 Hauses, welches einen viel höheren Dämmstandard aufweisen muss.

Aus Tabelle 1 ist ersichtlich, dass in den ersten Monaten nach Bezug des Hauses der Gasverbrauch noch relativ hoch ist. Der Grund liegt darin, dass zum einen die Solaranlage erst im Dezember 2007 so richtig in Betrieb ging, andrerseits musste anfangs stärker geheizt werden, damit das Gebäude trocknen konnte. Auch gab es im Laufe der Zeit noch diverse Optimierungen bei Solar- und Heizungssteuerung und den hydraulischen Abgleich der Fußbodenheizung, die sich auch deutlich im niedrigeren Gasverbrauch im Winter 2008/2009 widerspiegeln.

Für die Statistik ist es sinnvoll den Jahresgasverbrauch von Juli bis Juni des Folgejahres zu berechnen, da dann immer eine ganze Heizperiode (z.B. Winter 2008/2009) erfasst ist. Damit lassen sich die Winter besser vergleichen. Der letzte Winter war z.B. relativ kalt, wenn man an die langen Frostphasen von Ende Dezember bis Februar denkt.

7. Stromverbrauch

Zu der Gesamtbilanz des Energieverbrauchs eines Hauses gehört auch der Stromverbrauch. Unser durchschnittlicher Stromverbrauch seit Bezug des Hauses liegt bei 3200 kWh. Der Bundesdurchschnitt für eine Familie mit 4 Personen liegt 2006 bei 4430 kWh [SV].

Das Unterschreiten des Bundesdurchschnitts erreichen wir durch den Einsatz von Energiesparlampen im ganzen Haus, der Verwendung von relativ stromsparenden Hausgeräten (Waschmaschine, Gefrierschrank, Herd) und der Vermeidung von Stromfressern. Wir verwenden Stromsparleisten bei PC, Peripherie und Hifi-Anlage, um den Standby-Verbrauch zu reduzieren. Die Gas-Brennwertherme wird im Sommer komplett ausgesteckt, da dann der Solarertrag für unseren Warmwasserverbrauch ausreichend ist.

Der LINUX-PC für die Solarüberwachung und unser Windows-PC wurden mit effektiven Netzgeräten selbst aufgebaut und kommen ohne zusätzliche Grafikkarte aus. Der Geschirrspüler bekommt Warmwasser, von dem wir durch die Solaranlage vor allem im Sommer im Überschuss haben, und muss nicht unnötig elektrisch heizen.

 

Datum

Monatsverbrauch in kWh

Tagesmittel in kWh

Oktober 2007

180

5,8

November 2007

229

7,6

Dezember 2007

315

10,2

Januar 2008

367

11,8

Februar 2008

265

9,1

März 2008

282

9,1

April 2008

265

8,8

Mai 2008

257

8,3

Juni 2008

223

7,4

Juli 2008

195

6,3

August 2008

220

7,1

September 2008

266

8,9

Oktober 2008

290

9,3

November 2008

288

9,6

Dezember 2008

332

10,7

Januar 2009

327

10,6

Februar 2009

292

10,4

März 2009

297

9,6

April 2009

241

8,0

Mai 2009

230

7,4

Juni 2009

220

7,4

Jahresergebnis1

3197

8,8

Tabelle 2: Stromverbrauch DHH Neuried

8. Zusammenfassung

Im Rahmen der Möglichkeiten, die wir beim Erwerb unserer Doppelhaushälfte hatten, haben wir das Haus energietechnisch auf einen hohen Stand gebracht. Den vom Bauträger angebotenen Standard haben wir an den Schlüsselstellen Heizung und Solar durch entsprechende Sonderwünsche in Bezug auf Energieeinsparung in hohem Grade aufgewertet.

Mit dem Einbau einer guten Solaranlage und Heizung ist es aber nicht getan. Erst durch unsere Optimierungen und die Anpassung an die individuellen Bedürfnisse und Gewohnheiten, können wir ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielen. Dieses „Tuning“ der Anlage wirkt sich überaus positiv auf die Solarerträge und den Gasverbrauch aus.

Als Besonderheit der Anlage werden sämtlichen Sensor-, Ertrags- und Verbrauchsdaten Online in Form einer Webseite präsentiert. Ein eigener Server sammelt nicht nur die Daten unserer Anlage, sondern auch von weiteren Anlagen und erstellt ständig aktuelle Grafiken und Statistiken. Zusätzlich zu diesen Daten gibt es Informationen über die Anlagen und deren Rentabilität.

Unsere Solaranlage in Verbindung mit der Fußbodenheizung und einer hochoptimierten Steuerung zeigt, dass man mit hohem Eigenengagement und relativ geringem finanziellen Aufwand große Energieeinsparungen erzielen kann. Mit nur vier Flachkollektoren und einem 700 Liter Kombipufferspeicher gewinnen wir knapp ein Drittel des Jahresenergieverbrauchs für Heizung und Warmwasser.

Neuried 12/2010

1 Ermittelt von Juli 2008 bis Juni 2009